Einsamkeit, Leistungsdruck, Enttäuschung. Immer mehr Menschen zerbrechen an emotionaler Last. Depressionen und Burn Out sind die Folgen. Evelin Rosenfeld, Spezialistin für Seminarreisen, erzählt von einer Selbstfindungsreise hin zu einem Leben ohne Angst.
Gesichter der Angst
Nachdem das bis heute medizinisch undefinierte „Burn Out Syndrom“ die Medien erobert hat, häufen sich nun auch die „Auszeiten“, die Entspannung und Aufbau versprechen. Ob die Teilnehmerinnen meiner diesjährigen Auszeit im Anagagebirge eine „entspannte“ Zeit hatten, weiß ich nicht. Doch wie seit Jahren hatten wir eine intensive, magische Reise durch Lorbeerwälder und Guanchen-Rituale, während der sich alte Muster und Lasten für immer verabschieden und das Seelenanliegen sich zeigen konnte.
In dieser Gruppe gab es gleich drei Menschen mit starken Angst-Themen: Eine Frau, die Angst davor hatte, allein zu reisen und sich zu weit von ihrer Familie zu entfernen. Eine andere, die Angst vor Leistungsdruck hatte und immer wieder in berufliche Schwierigkeiten kam, weil die Angst sie übermannt hatte. Und eine Dritte, die auf dem Trip „Ich kann das alleine!“ ihre Angst vor Abhängigkeit und Enttäuschung bis zum Burn Out getrieben hatte. Als sie nach sieben beziehungsweise 14 Tagen Transformationsprozess inmitten vulkanischer, überbordender Natur gingen, waren sie frei. Frei von Angst. Und frei für ihren Weg. Wellness war das bestimmt nicht, als wir Mitte April mit dem „Was Dir wirklich wichtig ist“-Prozess im Nordosten Teneriffas begannen. Die Gruppe war diesmal sehr groß. Es gab neben einigen Neulingen, denen meine Transformationsarbeit noch nicht vertraut war, auch zwei „alte Hasen“, die diesmal wiedergekommen waren, um ihr Initiationsritual zu empfangen. Dazu gehörte harte Arbeit: War der Innere Kompass stark genug, um in der „realen Wirklichkeit“ handlungsleitend zu sein? Waren die fünf inneren Entitäten alle integriert und abrufbar, so dass die ganze Person im Gleichgewicht war und sich das Tonal genügend verringern konnte, um Raum zum Träumen, Raum für die Seele freizugeben? War die persönliche Berufung voll bewusst und wurde sie gelebt?
Ein steiniger Weg in die Freiheit – Zurück zur Selbstfindung
Die erfahrenste Teilnehmerin hatte die feste Absicht, am Ende der ersten Woche ihr Gelübde abzulegen – und so arbeitete sie Tag für Tag in Stille an ihrem Medizinrad und praktizierte ihre Berufung im Hintergrund. Währenddessen mussten sich die meisten anderen Auszeitler erst einmal an den straffen Tagesablauf und die intensive Transformationsarbeit gewöhnen: 7h Yoga auf der Dachterrasse – manches Mal in recht kühlem Bergwind – 9h Frühstück – 10h Gruppensitzung oder Aufbruch zu einem unserer Kraftplätze, nicht selten 3, 4 Gehstunden entfernt. Coachingsitzungen bis in den Abend. Doch die Schönheit unserer Umgebung, die Liebe, die sich in unserer Gruppe ausbreitete, jedes Mal, wenn eine Einsicht vor aller Augen zu Kraft wurde und Gesichter sich lichteten, Herzen leicht wurden und Gedanken klar, bescherte uns wundervolle Tage.
Nichts wird dem Zufall überlassen
Nicht ohne Zwischenfälle – doch die gehörten irgendwie zum Prozess:
Was hat es zu bedeuten, wenn das Flugzeug der Seminarleiterin beim Landeanflug auf Madrid, etwa 3 Meter über der Landebahn plötzlich Vollgas gibt und im Steilflug in den Himmel schießt?
Warum hat die Teilnehmerin mit Gehbehinderung das schwerste Gepäck, einen großen Hund in Begleitung und eine Hundehütte, die in kein Auto passt?
Wie kommt es, dass ein Teilnehmer mit Abgrenzungsthemen kein Zimmer im Gemeinschaftshaus mehr bekommt – und ein eigenes Häuschen auf dem Dorfplatz bezieht?
Welche Gedanken kommen einem, wenn die Frau mit dem jahrelang therapierten Angstthema ihr i-Phone verlegt – wo sie doch meinte, sie könne nicht länger als eine Stunde ohne Kontakt zu ihrer Familie sein?
Und was machen wir, wenn die Seminarleiterin sich am Tag vor der Teide-Besteigung beim Yoga den großen Zeh bricht?
… es gibt keine Zufälle … all diese Zwischenfälle gehörten zum Prozess – und zweifelsfrei waren hier wieder höhere Kräfte am Werk, die vielen von uns Befreiung, Bestärkung und Klarheit geschenkt haben: Irmgard* wollte am Tag vor ihrer Initiation unbedingt bis zum Kraterrand des Teide aufsteigen. Bei einer Zeitvorgabe von 4,5 Stunden eine stramme Leistung. Als wir sie an der letzten Seilbahn vergebens erwarteten, kam ein Anruf: „Ich habe es mit meinen letzten Kräften geschafft… Aber die letzte Seilbahn ist weg. Ich schaffe es nicht …!“ Glücklicherweise hatten wir ein zweites Auto, sodass ich die Gruppe nach Hause schicken konnte.
Das Schlüsselerlebnis
Ich selbst wartete viele Stunden am Einstiegspunkt bis die Sonne sank, sah vor meinem inneren Auge Irmgard laufen und laufen, verband mich mit ihr, sendete ihr Kraft. Etwa 40 Minuten vor Sonnenuntergang bekam ich ein klares Signal: Sie gibt auf! So nahm ich meine Jacke und begann den Aufstieg – ihr entgegen. Die Stille der Unendlichkeit lag über der unwirklichen Vulkanlandschaft. Der blassblaue Himmel, durchzogen von letzten orangefarbenen Sonnenstreifen wurde zusehends dunkler. Meine Gedanken und mein Herz waren ganz bei der kraftvollen Frau, die so viele Jahre in Selbstzweifeln und Kleinkriegen gebannt gewesen war und nun vor dem letzten Schritt in ein selbstbestimmtes und von ihrem Seelenanliegen geführtes Leben stand. Ja, die Angst davor, für sich selbst zu stehen, der verzweifelte Versuch, auszubrechen und in einen Zickzackkurs zwischen Selbstüberschätzung und Selbsterniedrigung zu fallen – das waren die Abgründe links und rechts, durch die sie noch musste, bevor sie frei war. Diese Abgründe hatten dieser tatkräftigen und kreativen Frau so viele Jahre lang Angst vor der eigenen Courage gemacht – und sie zwischen den Extremen „ich setze mich durch!“ und „Ich schaffe das nicht alleine!“ hin- und her geworfen. Was für eine Fügung, welch unendliche Weisheit des Lebens, sie jetzt noch einmal in eine solche Situation zu führen. Ich stieg und stieg – es wurde schwer, den Weg zu sehen – ich hielt inne, denn ich konnte sie spüren – und ich „huuhte“ (wir haben einen bestimmten Ruf, um uns draußen finden zu können). Und sie antwortete mir! Weinend fiel sie mir in die Arme – vollkommen erschöpft – wir sahen uns an, stiegen das letzte Stück schweigend ab, saßen im Auto, sahen uns an. Sie strahlte. Es war vollbracht. Irmgard hatte die Grenze gesucht, gefunden und volle Verantwortung für ihre Entscheidung übernommen. Angstfrei. Singend fuhren wir zurück zu unserer Casa und erlebten am Folgetag eine der kraftvollsten Initiationen bisher.
Ich könnte noch lange so weitererzählen: Davon, wie die ängstliche Marlen* den Anschluss an die Gruppe verlor – weil sie angeblich einen anderen Rhythmus hatte. Wie ich sie im Zauberwald fand und ihr den großen Guanchenfels als Spiegel zeigte. Wie sie mit dem Stein meditierte – und die Stille ihres eigenen Steinaspektes entdeckte. Und nach der Stille endlich, endlich Klarheit fand und den Ursprung ihres Burn Outs beseitigen konnte: So viele unerfüllte Erwartungen an Menschen (v.a. Männer), ihr beizustehen. So viel Schmerz und daraus Trotz. „Ich kann es alleine!“. So große Schritte, so viel Unabhängigkeit, so viel Stärke, die zu stark war für ihre Seele. Und dahinter die Angst, wieder alleine dazustehen. Wir sind auf den Fels gestiegen und haben ihren Abschied von der Angst gefeiert.
Oder wie der übergewichtige, höhenängstliche Robert* mir auf dem Berggrat nachstieg – zunächst unbeholfen, schwitzend, schnaufend – den Fokus auf der Anstrengung und Gefahr. Während er sich abmühte und die Gruppe längst zwischen Himmel und Meer ihre Brotzeit auspackte, sammelte ich Artemisia für Robert und brachte sie ihm. Artemisia ist von alters her eine Transformationshelferin. Sie wächst hier oben im vulkanischen Anagagebirge üppig und in einer Form, die es nur hier gibt. Mit ihrem berauschenden Duft täuscht sie hinweg über die geballte Ladung an Licht und Mut, die sie zu spenden vermag. Ich setzte mich mit meinem Artemisiabündel zu Robert, der „zufällig“ genau gegenüber der „grünen Madonna“ saß – einer bewaldeten Bergkonstellation, die die Form einer übergroßen Mutter zeigt, die ihre Hände über dem Tal ausbreitet. Ein guter Platz, um über die uralte Angst vor dem Leben selbst zu sprechen. Über den Verlust der Selbstliebe und die quälenden Zweifel daran, selbst „etwas wert“ zu sein, vor dem Gefühl, dass Mühsal und Anstrengung Teil des Lebens seien. Dort oben auf dem Berggrat – auf den ich singend hinaufgesprungen war und er sich voller Angst hinaufgequält hatte – wurde das große „Nein“ deutlich, das Robert all die Jahre zum Leben hatte. Zugleich breiteten sich all die Möglichkeiten, all die Schönheit vor ihm aus – und ein Blick in sein Leben zeigte, dass er sie auch dort vor lauter Konzentration auf Gefahren und Anstrengungen ganz übersehen hatte. Wir verbrannten etwas von der duftenden Artemisia und riefen die Kräfte der Himmelsrichtungen – und damit auch die Lebenskräfte in Robert. Der Abstieg war leichter. Die Trägheit schwand Tag für Tag und auf dem Flughafen verabschiedete ich mich von einem freien, vitalen Mann voller Pläne…
Angst hat so viele Gesichter. Immer ist sie wie eine Barriere zwischen unserer (alltäglichen) Wahrnehmung und unserer Seele. Und immer entstand sie ursprünglich aus einer Schutzgeste unserer Seele, die mit einem Erlebnis konfrontiert wurde, das sie nicht zu integrieren vermochte. Ich glaube nicht, dass Burn Out oder Angstsyndrome von außen (durch eine Anpassung äußerer Gegebenheiten) gelöst werden können. Sie entstehen, wenn ein Mensch sich zu weit von seinem Wesenskern entfernt. Aktiv. Selbstfindung ist das Stichwort. Daher geht es darum, den Wesenskern bewusst zu halten – und handlungsleitend auch im Alltag werden zu lassen. Ich persönlich reise seit vielen Jahren mit kleinen Gruppen an Kraftorte, an denen solche Transformationsprozesse verstärkt und unterstützt werden. Während des Transformationsprozesses „Was Dir wirklich wichtig ist“ (s. gleichnamiges Buch), erkennst Du, was Du (mit Angst) schützt – und wie Du einen Weg findest, die Kraft, die in dieser Angst gebunden ist, wieder frei zu setzen. Dieses „Aufbrechen“ gelingt in freier Natur – am besten an Kraftplätzen, die viel Transformationsenergie enthalten – leichter. Und dort nimmt auch die Arbeit am Inneren Kompass ihren Anfang, im Dialog mit den Naturkräften, mit der Du die Persönlichkeitsaspekte wiederbelebst, die unter Deiner Angst verschüttet lagen. In dem Moment, in dem Du Dir Deiner unterschiedlichen Persönlichkeitsaspekte wieder bewusst wirst, zeigt sich auch der rote Faden in Deinem Leben, Dein Seelenanliegen, das, „was Dir wirklich wichtig ist“. Angstfrei gehst Du endlich Deinen Weg.
Hier finden Sie alle Angebote zu Seminarreisen auf Tripodo.de
*Die Namen in diesem Artikel wurden verändert.
Hallo,
wann bieten sie diese Reise wieder an?
mit besten Grüßen
Guten Tag,
ich bin gerade in einer Lebensphase in der sich äußerlich nichts bewegt, in mir aber sehr viel. Ich brauche Orientierung und Kraft, um meine wahren Kraftquellen und Ziele wieder zu finden. Bietet ihr im Mai/Juni diesen Jahres noch eine Reise an. Wenn ja, bitte ich um nähere Informationen.
Vielen Dank, Carolin Meiz
Sehr geehrte Frau Meiz,
wir werden in unseren Angeboten nach etwas passendem suchen – Wir haben sicher eine Reise, die Ihren Wünschen entspricht!
Mit besten Grüßen,
Ihr Tripodo-Team